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Hämophilie ist eine angeborene Störung des Blutgerinnungssystems, die sich in unterschiedlichen Schweregraden ausprägen kann und lebenslang besteht.
Die Krankheit beruht auf einem Mangel an Gerinnungsfaktoren, der fast immer durch ein defektes Gen verursacht wird. Hämophilie A und B sind Erbkrankheiten. Es erkranken fast ausschließlich Männer. Um die Entstehung und Weitergabe der Hämophilie zu verstehen, müssen wir ein wenig ausholen und uns die genetischen Grundlagen anschauen.
Der Bauplan für unseren Körper und die Prozesse, die in ihm ablaufen, ist in sogenannten Chromosomen gespeichert, die in allen Körperzellen im Zellkern vorhanden sind. Chromosomen bestehen im Wesentlichen aus DNA (Desoxyribonukleinsäure). Ein Gen ist, vereinfacht ausgedrückt, ein Teil des DNA-Moleküls, das die Vorlage für ein bestimmtes Protein (Eiweiß-Molekül) bildet. Zum Beispiel für Gerinnungsfaktoren. Unsere Gene bestimmen viele unserer Eigenschaften, unser Aussehen, Organfunktionen und vieles mehr.
Jede Zelle hat 46 Chromosomen. Wenn ein Kind neu geboren wird, bekommt es jeweils die Hälfte seiner Chromosomen vom Vater und von der Mutter. 44 dieser Chromosomen, die Autosomen, liegen in Paaren vor. Die beiden übrigen Chromosomen sind die Geschlechtschromosomen: Bei Männern liegt ein X- und ein Y-Chromosom vor, bei Frauen sind es zwei X-Chromosomen.
Entscheidend für die angeborene Hämophilie ist: Sie wird X-chromosomal vererbt, das heißt, die Erbinformation für die Bildung der Gerinnungsfaktoren VIII (8) und IX (9) liegt auf den X-Chromosomen. Dafür benötigt unser Köper nur ein einziges intaktes X-Chromosom. Wenn bei Frauen eines der beiden X-Chromosomen eine Mutation trägt, also fehlerhaft ist, kann der Körper daher trotzdem Gerinnungsfaktoren produzieren, da ja durch das zweite, gesunde X-Chromosom der Bauplan für die Faktoren vorhanden ist.
Bei einem Mann, der immer nur ein einziges X-Chromosom hat, sieht die Sache jedoch anders aus: Wenn hier eine Mutation im X-Chromosom vorliegt, hat der Köper keine Möglichkeit mehr, die benötigten Gerinnungsfaktoren zu bilden, und die Hämophilie prägt sich aus.
Bei den Kindern eines hämophilen Manns und einer gesunden Frau zeigt sich keine Hämophilie. Die Jungen sind alle gesund, die Mädchen sind selbst nicht erkrankt, tragen aber ein defektes X-Chromosom und können damit die Krankheit als sogenannte Konduktorinnen an ihre Nachkommen weitervererben.
Wenn ein gesunder Mann mit einer Konduktorin Kinder bekommt, führt dies bei männlichen Nachkommen mit fünfzigprozentiger Wahrscheinlichkeit zur Erkrankung, und Mädchen werden mit fünfzigprozentiger Wahrscheinlichkeit Konduktorinnen.
Mehr über Konduktorinnen erfährst du in den Artikeln
In sehr seltenen Fällen, wenn der Vater hämophil ist und die Mutter Trägerin, kann eine Tochter auf ihren beiden X-Chromosomen das Hämophilie-Gen tragen und so die Krankheit bekommen.
Etwa zwei Drittel der Hämophilie-Fälle sind vererbt. Die Genveränderung (Mutation) kann übrigens über mehrere Generationen verborgen bleiben, wenn in der Familie nur Töchter geboren werden.
Bei einem Drittel der Patienten werden in der Familie keine zuvor aufgetretenen Fälle von Hämophilie gefunden. Hier entsteht die Erkrankung wahrscheinlich als Folge einer spontanen Veränderung im Faktor VIII- oder IX-Gen.
Wie kann man erkennen, ob ein verändertes X-Chromosom vorliegt? Hierzu gibt es verschiedene Diagnoseverfahren.
Früher wurde die Hämophilie auch als „königliche Krankheit“ bezeichnet. Die Veranlagung war bei Mitgliedern des englischen Königshauses vorhanden und wurde von dort u. a. in das preußische Königshaus und die russische Zarenfamilie vererbt.
Die Erkrankung bedeutete für Betroffene bis weit in das 20. Jahrhundert hinein eine deutlich verkürzte Lebenserwartung. Bis heute ist die Hämophilie noch nicht heilbar. Dank moderner Diagnose- und Therapieverfahren ist die Lebenserwartung von Betroffenen inzwischen aber mit der von Gesunden vergleichbar.